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Die sozialpädagogische Revolution. Auf dem Weg zu neuen psycho-edukativen und therapeutischen Konzepten.

Autor: Olivier Mottier, Direktor Foyer de Salvan

Seit rund dreissig Jahren erleben wir einen sozialpsychologischen Wandel, der die Identitätsbildung und das Verhältnis zur Welt unserer Kinder und Jugendlichen vollkommen verändert. Eine gute Nachricht, die aber auch ihre schlechten Seiten hat: Wohl bildet sich eine Gesellschaft heraus, die sich vom Prinzip der Unterwerfung lossagt, jedoch bringen die gesellschaftlichen Veränderungen auch neue Formen von sozialer Prekarität mit sich. Der Philosoph und Wissenschaftshistoriker Michel Serres, Professor an der Universität Stanford und Mitglied der Académie Française, fordert Nachsicht für die Jugendlichen und Erwachsenen des 21. Jahrhunderts, die gezwungen sind, die durch die digitale Revolution durcheinandergewirbelte Gesellschaft wieder aufzubauen.

Es ist unsere Pflicht, neue pädagogische Modelle zu schaffen für die vielen jungen Menschen, denen es gut geht, aber auch für jene Kinder und Jugendlichen, die mit gravierenden Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Studien und Schriften zum aktuellen Wandel und neue Formen sozialer Prekarität, Traumatologie, Bindungsstörungen, aber auch die Rolle von affektiver Nähe, des intimen Erlebens und von Spiritualität im sozialpädagogischen Kontext zwingen die Entscheidungsträger und Akteurinnen und Akteure des Kindesschutzes dazu, neue Modelle für die pädagogische Begleitung zu entwerfen.

Das Erziehungssystem des 20. Jahrhunderts war zu seiner Zeit durchaus wirksam. Heute aber ist es ineffizient geworden für die vom Leben hart angefassten Kinder und riskant für die Fachpersonen. Wir müssen soziale Strukturen (neu) erfinden, welche der Komplexität der Situationen gerecht zu werden vermögen, in denen polytraumatisierte Kinder mit Bindungsstörungen und im Zustand von (Selbst-)Exklusion stecken. Wir brauchen weder medizinische, noch therapeutische, noch erziehende, sondern soziale Institutionen mit innovativen Konzepten, die es uns ermöglichen, uns um die Kinder und Jugendlichen zu kümmern, die von oft auch selber vernachlässigten und missbrauchten Erwachsenen verletzt worden sind!
 

Artikel: Die sozialpädagogische Revolution