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Gesuche und Akten: Neues zur Wiedergutmachung für die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen bis 1981

Das Gesetz zur Wiedergutmachung wurde nach dem Nationalrat in der Herbstsession auch durch den Ständerat mit 39 : 1 Stimmen bei vier Enthaltungen sehr deutlich angenommen. Integras hatte sich mit einem Schreiben an den Ständerat dafür eingesetzt, dass im Prüfungsverfahren wohlwollende Beurteilungen stattfinden und auch wenn keine Akten vorhanden sind oder diese die «Opfereigenschaft» nicht belegen können, einem Gesuch stattgegeben wird. Der Ständerat hat zur Auslegung des betreffenden Gesetzesartikels eine mündliche Präzisierung gemacht, in der er unserer Forderung zugestimmt hat.

Die Art und Weise, wie der Passus zu den Gesuchen im Gesetz formuliert ist, bereitete Integras Unbehagen. Zwar muss die gesuchstellende Person «nur» glaubhaft machen, dass sie ein Opfer nach der Definition dieses Gesetzes ist - was einer relativ tiefen Beweislast entspricht, doch der folgende Satz: «Dazu legt sie [die gesuchstellende Person] dem Gesuch die Akten sowie weitere Unterlagen bei, die geeignet sind, ihre Opfereigenschaft zu belegen» (Art 5, Abs. 2 AFZFG), legt die «Beweislast» auf Seiten der Opfer. Was im Falle nicht vorhandener oder nicht aussagekräftiger Akten geschähe, blieb unklar.

Bei nicht vorhandenen Akten sollen auch mündliche Aussagen genügen

In der Debatte hat Herr Ständerat Claude Janiak als Sprecher der vorberatenden Kommission nun eine Präzisierung zur Auslegung dieses Passus gemacht: «Es ist nicht die Vorstellung, dass mit dem Gesuch zwingend schriftliche Belege eingereicht werden müssen. Es gibt Fälle, wo keine solchen schriftlichen Belege bestehen. Es kann nicht sein, dass Personen, die damals von solchen Massnahmen betroffen waren, aufgrund der Aktenvernichtung durch die Behörden nicht mehr in der Lage wären, ihre Gesuche ausreichend glaubhaft zu machen. Es besteht auch die Möglichkeit, auf mündliche Aussagen abzustellen. Das können die mündlichen Aussagen der gesuchstellenden Person selbst, aber auch anderer Personen sein, die sachdienliche Angaben machen können.» (Amtliches Bulletin, Ständerat, Herbstsession 2016, 15.09.16, zu Art. 5).

Wie geht es weiter?

Der Ständerat hat in der Herbstsession als Zweitrat dem Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative zugestimmt, die Initiative selbst jedoch -wie zuvor schon der Nationalrat- zu Ablehnung empfohlen. Das nun überwiesene Gesetz sieht einen Zahlungsrahmen von 300 Millionen Franken zur Finanzierung der Leistungen an die Opfer vor. Das Parlament hat zudem eine Begrenzung des Solidaritätsbeitrags auf maximal 25‘000 Franken pro Opfer eigeführt. Zum Gesetz, welches am 1. April 2017 in Kraft treten soll, wird als Nächstes eine Verordnung erarbeitet.

» zum Brief von Integras an den Ständerat

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